Der "erhobene Zeigefinger" : Schlagzeuggeschichte (die 2te, Forts. zu 24.09.13)

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Gast1463

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Die nachfolgende zeitliche Übersicht zeigt weniger die Einzelheiten, sondern eher vier große schlagzeuggeschichtliche Abschnitte, in denen sich das oben (siehe erste Folge, 24.09.13) beschriebene vierteilige Grundset (plus Zusätzliches) entwickelt hat und dazu als Beispiel ein paar Jazz-Schlagzeuger/innen:

- Ab 1890
- Ab 1930
- Ab 1960
- Ab 1990

Ab 1890:

- Kleine Trommel, große Trommel und Becken, die in Konzert- und Blasorchestern einzeln verteilt auf verschiedene Musiker gespielt werden, fasste man für nur einen Musiker (Schlagzeuger) zu einem neuen Instrument (Schlagzeug) zusammen.
- Hauptstilbereich war seit 1890 der entstehende Jazz, der mit seinen wenigen Stilen vor 1930 auch als Traditioneller Jazz bezeichnet wird.

#1 Kleine Trommel (Snare):
-
Ein Schlagzeuger (drummer, kaum Frauen) begleitete beidhändig mit speziellen Stöcken (sticks) auf der kleinen Trommel (snare).
#2 Große Trommel (Basstrommel, Bass Drum):
-
Ein Schlagzeuger betonte da, wo quasi die Leute heute noch mitklatschen, mit einem Fuß über ein neu erfundenes Pedal (Fußmaschine) auf der Basstrommel (große Trommel, bass drum, kick drum).
#3 Becken (Cymbals):
- Der Schlagzeuger schlug oft zugleich mit der Basstrommel auf dem Becken (cymbal) per Hand einen wuchtigen Akzent (Bassdrum-Cymbal-Effekt).
- Den Bassdum-Cymbal-Effekt übernahm man, weil er so wirkungsvoll war, im 17. Jahrhundert von der türkischen ("Janitscharenmusik") in die europäische Musike (Marschmusik, Mozart, ...). Dieser Effekt findet sich bis heute (z. B. im Rock, bei Billy Cobham/nächste Fortsetzung, in der Stimmungsmusike, gar als Basis des Techno, usw).
#4 Hihat: noch keine (in der Regel)
#5 Alles Zusätzliche (Tomtoms, Kuhglocken, sonstige Perkussion, Elektronik, ...): noch nichts (in der Regel)

Jazzschlagzeuger:
- Baby Dodds, http://www.drummerworld.com/drummers/Baby_Dodds.html
...

Ab 1930 (bis ca 1960):

- Das Instrument Bass (hauptsächlich "gezupfter" Kontrabass) wurde allgemein in Jazz und dann Rock & Roll präsent und seither entwickelte sich ein enges Zusammenspiel besonders mit dem Schlagzeug.
- Der noch tanzbare Jazz (Swing-Stil, ostinat, d. h. gleichförmig gespieltes Schlagzeug-Grundset) ging einerseits in hauptsächlich "zuhörbaren" Jazz (Modernjazz, ab dem Bebop, flexible Snare-Bassdrum-Einwürfe) über und entwickelte sich andererseits tanzbar weiter bis zum Rock & Roll. Oder tanzbarer Traditioneller Jazz wurde neu belebt (Dixieland Revivals).
- Das Schlagzeug wurde standardisiert ( = Grundset + 1 Hängetom + 1 Standtom).

#1 Kleine Trommel (Snare):
- Der Schlagzeuger betonte nun (und das tut er bis heute) mit einer Hand auf der Snare (oder hinzu gekommener Hihat) genau da, wo quasi die Leute leider nicht mitklatschen, nämlich zwischen zwei "Mitgeklatschern der Leute" genau in der Mitte (backbeat, zweiter und vierter Beat bzw zweite und vierte Zählzeit im 4/4).
-
Snare-Einwürfe, genauer Snare-Bassdrum-Spielkombinationen oder -Figuren (ostinat, d. h. gleichförmig wiederholt und tanzbar, oder flexibel im Jazz) entstanden.
#2 Große Trommel (Basstrommel, Bass Drum):
-
Die zuerst auf allen Beats (4, ausgehend vom 4/4, besonders im Swing-Stil der Big Bands) durchgehende voluminöse Bass Drum wurde zunehmend in doppelte und synkopierte Schläge differenziert gespielt (ab dem Bebop: flexible Snare-Bassdrum-Figuren).
#3 Becken (Cymbals):
- Die Hand, die nicht die Snare schlägt (Backbeat, Einwürfe bzw Snare-Bassdrum-Figuren), spielte nun mit einem Stick auf dem Einzel-Becken die Begleitung (oder oberen Hihat-Becken bzw hihat top), und nicht mehr wie vor 1930 auf der Snare.
#4 Hihat:
- Die Hihat hatte sich entwickelt aus zwei gegeneinander zu schlagenden Marschbecken, die auf einen Ständer in Handhöhe getan und am Ständerfuß über ein Pedal sehr schnell, aber klangvoll zusammen gepresst werden (chick).
- Mit dem Chick markiert der Schlagzeugersfuß, der nicht die Basstrommel spielt, seither den Backbeat.
- Oder die Hand, die nicht die Snare schlägt, spielt seither mit einem Stick auf dem oberen Becken der länger zusammen gepressten, halb oder ganz offenen beiden Hihat-Becken (oder dem Einzel-Becken) die Begleitung, und nicht mehr wie vor 1930 auf der Snare.
#5 Alles Zusätzliche (Tomtoms, Kuhglocken, sonstige Perkussion, Elektronik, ...):
- Tomtoms wurden einbezogen und Schlagzeugsolos entwickelten sich.

Jazzschlagzeuger:
- Gene Krupa, http://www.drummerworld.com/drummers/Gene_Krupa.html
- Elvin Jones, http://www.drummerworld.com/drummers/Elvin_Jones.html
...

Das überhaupt erste längere Schlagzeugsolo 1938, "Sing, Sing, Sing", Benny Goodman & His Orchestra, Gene Krupa am Schlagzeug:

[video=youtube_share;j9J5Zt2Obko]http://youtu.be/j9J5Zt2Obko[/video]

Fortsetzung folgt - Der "erhobene Zeigefinger".
 
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